Werbung – Rezensionsexemplar
Das Unrecht
von Ellen Sandberg
Originalausgabe, Hardcover mit Schutzumschlag, 416 Seiten
ISBN 978-3-328-60254-5
Erschienen am 26. Oktober 2022 im Penguin Verlag (Werbung)
Eine Leseprobe und Bestellmöglichkeiten bei diversen Händlern findest Du auf der Verlagswebsite.
Achtung Spoiler!
„Ein Verrat, der Leben zerstörte. Eine Lüge, die Jahrzehnte verborgen blieb.
Jedes Jahr, wenn der Herbst naht, wird Annett von einer inneren Unruhe erfasst. Dann macht sich die Narbe an ihrem Arm bemerkbar, dann werden die Erinnerungen an den Sommer 1988 und an die Clique von damals wach. Fünf Freunde, die sich blind vertrauten, bis einer von ihnen zum Verräter wurde.
Jetzt, Jahrzehnte später, begreift Annett, dass sie ihren inneren Frieden erst finden wird, wenn sie sich der Vergangenheit stellt. Kurz entschlossen fährt sie nach Wismar. Zurück an die Ostsee, in ihre alte Heimat. Doch je mehr sie dort über die Ereignisse jenes Sommers herausfindet, umso deutlicher wird: Sie hätte die Vergangenheit besser ruhen lassen, denn der Verrat von damals reißt ihr Leben erneut in einen Abgrund …“
Klappentext
Das ist das fünfte Buch von Ellen Sandberg, das ich verschlungen habe. Samstagnachmittag wurde es als Vorab-Leseexemplar geliefert, Sonntagabend hatte ich es durch, obwohl ich nur einen halben Tag Zeit zum Lesen hatte. Weil das Buch heute offiziell erscheint, gibt es die Rezension ausnahmsweise an einem Mittwoch außer der Reihe.
In den spannenden Romanen von Ellen Sandberg geht es immer darum, dass jemand von seiner Vergangenheit eingeholt wird oder etwas zu Tage kommt, das offene Fragen klärt oder Licht in Familiengeheimnisse bringt. In Das Unrecht geht sie gar nicht so weit in die Vergangenheit zurück.
In den Rückblenden landen wir im Sommer 1988, an den ich mich bestens erinnern kann und in einem ähnlichen Älter war wie die Hauptprotagonisten. Allerdings lebte ich bei Hamburg, der Teil der Geschichte spielt in Wismar, als noch niemand die Grenzöffnung, geschweige denn eine Wiedervereinigung Deutschlands, für möglich gehalten hat. Meine Welt war also eine freie, die der Clique nicht.
Der Roman, erzählt aus den Perspektiven von Annett und Volker, beginnt nach dem Prolog damit, dass Annett und Mischa 1988 in Wismar ein Paar werden. Die Handlung springt dann nach Bamberg ins Jahr 2016, in dem Volker und Annett 28 Jahre als glückliches Paar ihre Silberhochzeitsfeier planen.
Was ist passiert, dass Annett aus der damaligen Clique nicht mehr mit Mischa zusammen ist und stattdessen Volker geheiratet und zwei Kinder mit ihm bekommen hat? Woher hat sie Narbe auf ihrem Arm und warum hat Volker offenbar tief sitzende Ängste, dass Annett ihn verlassen könnte, obwohl die beiden eine vertrauensvolle Ehe führen?
Im Klappentext steht, dass sie die Vergangenheit besser hätte ruhen lassen. Der Meinung bin ich nicht. Ja, ihre Welt bricht zusammen, als sie stückweise erfährt, was damals wirklich passiert ist. Aber als sie sich auf den Weg nach Wismar gemacht hat, hat sie bereits gespürt, dass mit Volkers Verhalten etwas nicht in Ordnung ist und sie sich nicht noch stärker an ihn binden möchte.
Erstmals nimmt sie das wahr, als sie auf der Suche nach einem neuen Job als Mediengestalterin ist. Weil es schwer ist, einen solchen in Bamberg zu finden, macht Volker ihr das Angebot, in die Geschäftsführung seines kleinen Immobilienunternehmens einzusteigen.
Dabei lässt er ihr allerdings keine wirkliche Wahl sondern versucht, ihr das aufzuzwingen. Er lässt ihr nicht einmal ein paar Tage alleine Zeit in Wismar, um in Ruhe darüber nachzudenken. Stattdessen trackt er ihr Auto über GPS und reist ihr nach.
Was am Ende ans Tageslicht kommt, kann man sich denken, wenn man Ort und Zeit betrachtet: Republikflucht, Stasi, Verhöre, Knast, Verrat und dessen Folgen. Dass Mischa und Annett in den Westen fliehen wollen, ist relativ bald klar in der Geschichte. Er spät erfährt man allerdings, ob sie es versucht haben, was dabei passiert sein könnte und warum Mischa in Annetts heutigem Leben keine Rolle mehr spielt außer in der Eifersucht ihres Ehemannes.
„Holzköpfe in Brand setzen? Geht mit Betonköpfen nicht. Die dann sprengen? Besprengen. Wasser, das in Haarrissen gefriert. Gefriergesprengt? Mit Worten das System sprengen?“
Seite 280 aus Mischas Notizen für Songs oder Gedichte
Nach dem Ende der Geschichte fiel mir dieses Zitat wieder ein. Es bezieht sich eigentlich auf das System der DDR. Passend ist es jedoch auch als Bild für die Ehe von Annett und Volker. Das Ehedrama beginnt mit leichten Haarrissen und schraubt sich die Konfliktstufen sauber hoch, bis es am Ende im Rosenkrieg gipfelt.
Der Epilog schließt den Kreis zum Prolog, den ich natürlich beim Lesen schon lange wieder vergessen hatte. Es bleibt das Gefühl, dass nichts auf der Welt sicher ist und Verrat und Rosenkrieg jeden treffen können.
8 Antworten auf „Lesetipp: Verrat und Rosenkrieg“
Ich bin ein sehr großer Ellen Sandberg Fan. Und auch diese Geschichte klingt wieder sehr reizvoll. Meiner Meinung nach kann man ihre Bücher kaum langsam lesen…
Ich glaube, wenn es tief in dir kribbelt ä, du Unruhe und Misstrauen oder positive Neugier verspürst und es sich um deine eigene Geschichte handelt, ist es ausgesprochen schwierig, diese ruhen zu lassen. Aber am Ende darf und sollte das jeder selbst entscheiden.
Auf jeden Fall bin ich seeehr neugierig auf das Buch.
Liebe Grüße am außer der Reihe Mittwoch
Nicole
Denke ich auch: Wenn man die Unruhe spürt, ist es zu spät, das Thema zu ignorieren.
Viel Spaß beim Lesen, wenn es bei Dir an der Reihe ist!
Ich finde auch, dass man eine Unruhe oder große Neugierde nicht ignorieren kann, wenn es um das eigene Leben geht. Es ist wie in den Märchen, wo es auch einen Tabu-Bruch braucht, damit die Geschichte in die Tiefe geht, z.B. die HeldInnen schauen in das verbotene Zimmer oder pflücken die verbotene Blume…
„Es gibt kein richtiges Leben im falschen“, das ist auch ein passender Spruch dazu. Und auch wenn alles erstmal in Scherben liegt, so kann daraus dennoch etwas Gutes erwachsen, wenn man bereit ist mitzuwachsen. Aber nicht alle schaffen dies.
Die Zeit der Wende hat viele Geschichten von Verrat, Lüge und auch Neid aufgedeckt. Allein die Stasi Informanten, da gab es genug Stoff für viele Romane, die aber leider das Leben schrieb.
Das Buch klingt spannend und ich hoffe, es gibt eine Art Happy-End.
Herzlich, Sieglinde
Das trifft es genau. Annett spürt einfach in dem Moment, dass Dinge falsch laufen, die sie vorher nicht gesehen hat.
Das Ende ist wirklich spannend und das wird hier nicht gespoilert :).
Wenn du die Bücher dieser Autorin verschlingst, werde ich diese Krimis auch lesen. Habe gerade in der Bibliothek in der Nähe nachgeschaut, einige Bücher sind vorrätig. Kommen dran, wenn ich den „ Berlin Friedrichstraße – Tränenpalast“ zurück bringe.
Viel Spaß damit! Sie sind alle unabhängig voneinander thematisch. Ist also egal, in welcher Reihenfolge Du sie liest.
Liebe Ines,
von der Autorin habe ich bisher noch nichts gelesen. Du hast mich neugierig gemacht, zumal Du ja schon einige Bücher kennst.
Einen dunklen Fleck im eigenen Leben könnte ich auch nur schwer ertragen. Aber auch enge Mitmenschen haben manchmal Überraschungen in petto. In der eigenen Partnerschaft würde ich das nicht (er)dulden.
Herzliche Grüße
Susa
Oh ja, das enge Umfeld kann da auch so seine Tücken haben … da hat es mir auch schon mal den Boden unter den Füßen weggezogen. Und vergessen habe ich das nie …
Wenn Du Lust auf die Bücher hast: Das erste fand ich am besten. Es heißt Das Erbe. Aber die anderen sind auch alle gut.