Werbung – Rezensionsexemplar
Die Kinder von Beauvallon
von Bettina Storks
Originalausgabe, Paperback , Klappenbroschur, 464 Seiten
ISBN 978-3-453-36117-1
Erschienen am 12. April 2023 im Diana Verlag (Werbung)
Eine Leseprobe und Bestellmöglichkeiten bei diversen Händlern findest Du auf der Verlagswebsite.
„Dieulefit, 1965: Im Auftrag ihres Freiburger Radiosenders reist die Moderatorin Agnes in einen kleinen französischen Ort, wo im Zweiten Weltkrieg mehr als tausend Flüchtlinge Schutz fanden. Darunter viele jüdische Kinder, die in der Schule Beauvallon von den mutigen Dorfbewohnern versteckt wurden. Könnte auch Agnes’ Freundin Lily überlebt haben, von der seit zwanzig Jahren jede Spur fehlt? Welche Antworten hat ein damals ranghoher Résistance-Offizier? Agnes’ Recherche wird zu einer aufwühlenden Reise in die Vergangenheit, die sie mit der Macht des Schweigens und einem Versprechen von einst konfrontiert.
Klappentext
Weil ich das Buch vorab zum Lesen bekommen habe, erscheint dieser Beitrag heute ausnahmsweise außer der Reihe zum heutigen Veröffentlichungstag des Romans. Nachdem ich bereits die anderen drei Romane der Autorin, Das geheime Lächeln, Leas Spuren und Klaras Schweigen verschlungen habe, war ich voller Vorfreude auf Die Kinder von Beauvallon. Dass ich die 464 Seiten in zwei Tagen inhaliert habe, sagt alles, oder brauchst Du noch die 5-Sterne dazu?
Der Roman hat mich von der ersten Seite an gefangen genommen auf schönste Weise. Ich konnte und mochte mich in fast alle Personen beim Lesen hineinversetzen und das macht für mich ein besonderes Lesevergnügen aus.
Obwohl das Buch den schlimmsten Teil der deutschen Geschichte in den 1930/40er Jahren umfasst, habe ich es keine Sekunde als schwermütig empfunden, weil trotz allen Dramas positive Menschlichkeit überwiegt. Die Geschichte spielt in Rückblenden in den Kriegsjahren und in der im Buch aktuellen Zeit der 1960er Jahre.
Hätte ich die Autorenschaft des Romas raten müssen, hätte ich auf Ken Follett getippt, dessen Frankreichroman Die Leopardin ich liebe. Das Buch ist spannend und flüssig geschrieben, so dass ich es am liebsten gar nicht weggelegt hätte und mir die Personen nach dem Lesen gefehlt haben, weil ich beim Lesen Teil ihres Lebens war.
Die Geschichte wird aus den Perspektiven von Agnes, Lily und Jolie erzählt. Agnes und Lily waren Kinderfreundinnen, die 1940 durch die Deportation Lilys aus Südbaden nach Frankreich in ein Lager für Juden getrennt wurden. Jolie ist eine engagierte Résistance-Aktivistin, die jüdischen Kindern zu neuen Identitäten in Frankreich und der Schweiz verhilft und deren Flucht an sichere Orte begleitet.
Einer dieser sicheren Orte ist die Internatsschule Beauvallon, die es im Übrigen bis heute gibt, im real existierenden Ort Dieulefit. Dorthin begleitet sie auch Lily und deren Mitflüchtling Jean, der zu ihrem engsten Begleiter in den kommenden Jahren wird. Jolie und die Lehrerinnen der Schule von Beauvallon tun einfach alles in ihrer Macht stehende, um den Kindern zu helfen.
Agnes hat Lily nie vergessen, die Suche allerdings irgendwann aufgegeben, obwohl sie nie einen Nachweise für ihren Tod gefunden hat. Lilys Eltern sind umgekommen, aber Lilys Verbleib ist unklar.
Bei ihrer Arbeit als Radiomoderation beim Südwestfunk bekommt Agnes 1965 eines Abends von ihrem Vorgesetzten Wolfgang den Geheimauftrag, die Geschichte der Kinder von Beauvallon zu recherchieren und mit Zeitzeugen mediengerecht aufzubereiten. Wolfgang ist zufällig im Urlaub auf den geheimnisvollen Ort und seine Geschichte gestoßen.
Agnes spürt, dass die Reise nach Dieulefit eine Reise in die Vergangenheit ihrer Kinderfreundin Lily werden kann. Noch immer besitzt sie eine Hälfte eines Fotos der beiden Kinder, das sie bei der Deportation auf den letzten Metern von Lilys Abreise zerrissen und sich geschworen haben, es irgendwann wieder zusammenzufügen. Vergessen hat sie Lily nie. Doch wird sie Lily finden? Lebendig oder einen Nachweis für ihren Tod?
Eins ist schnell klar: In Dieulefit wohnen keine Schwätzer. So recht möchte keiner mit Agnes sprechen, als hervorhebenswert empfindet es auch keiner im 2000-Seelen-Dorf im Krieg zeitglich 1500 Flüchtlinge beherbergt zuhaben – eher als selbstverständliche Menschlichkeit. Agnes stößt gegen eine Wand des Schweigens, das im Krieg den Menschen das Leben gerettet hat, weil es keinerlei Denunziation gab.
„Mit Lily Blums Schicksal ging es auch im ihre Biographie, um ihre Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit, ihre Haltung.“
Agnes‘ Gedanken auf Seite 164
Neben dem konkreten Schickschal von Lily und deren Familie gehören zum Kernthema des Romans die Aufarbeitung der deutschen Nazi-Vergangenheit und auch die Rolle der Frau im Berufsleben, wenn sie kein Kinder-Küche-Kirche-Leben führen will.
Das führt im Job zu einem Generationenkonflikt mit Agnes‘ Studioleiter Waldemar Straub (vgl. Seite 266), bei dem zwei Generationen und gesellschaftlichen Wandel oder Stillstand kämpfen. Agnes‘ Generation ging es um die Chance zur Veränderung, der Generation von Straub um ein Verharren in alten Mustern.