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Lesetipp – Die unperfekte Familie

Werbung – Rezensionsexemplar

Céline Spierer - Bevor es geschah

Sperrfrist 16. August 2024

Bevor es geschah
Céline Spierer

Originaltitel Noyade
Aus dem Französischen von Sina de Malafosse
Hardcover, 256 Seiten
ISBN 978-3-0369-5045-7
Erschienen am 16. August 2024 bei KEIN & ABER (Werbung)
Auf der Verlagsseite findest Du eine Leseprobe.

„Die ganze Familie Haynes bereitet sich auf ihr jährliches Barbecue vor. Gemeinsam mit ihren jeweiligen Partnerinnen, Partnern und Kindern machen sich alle vier Geschwister auf den Weg zu ihrem Elternhaus, wo die Mutter ihr Eintreffen erwartet. Doch statt Wiedersehensfreude dominiert die Anspannung. Denn was nach außen den Anschein einer perfekten Familie macht, ist in Wahrheit ein brodelndes Durcheinander von unausgesprochenen Rivalitäten, lang gehüteten Geheimnissen und vertuschten Niederlagen. Zwischen all den ungelösten, jahrelang angestauten Spannungen sind alle so sehr mit sich selbst und der eigenen Vergangenheit beschäftigt, dass keiner zu bemerken scheint, wie sich im sommerlichen Garten eine neue Katastrophe anbahnt.“

Verlagstext

Familie Haynes

  • Mutter Elisabeth, die Matriarchin, macht ihrem früheren Spitzname Eiskaiserin alle Ehre.
  • Vater Alistair Fitzgerald, verstorben, ist immer noch präsent in den Köpfen der Familie. Er war ein Mann mit kultiviertem Auftreten und schönen Manieren, die den Rest verdeckt haben (vgl. Seite 222).
  • Alistairs Bruder John, verstorben, war nicht so charmant-harmlos, wie es zu Beginn wirkt.

Kinder von Elisabeth und Alistair

  • Winston, verheiratet mit Mathilde, ist der strebsame, zielstrebige, sachliche Typ, der nach dem Tod des Vaters das Gefühl hat, die Verantwortung als Familienoberhaupt zu übernehmen. Thomas ist der kleine Sohn der beiden.
  • Jacquelyn, verheiratet mit Lucas, ist die fürsorgliche Frau der Familie und empfindet eine Trennlinie zwischen sich und den anderen Geschwistern. Sie fragt sich immer wieder, was nicht mit ihr stimmt (vgl. Seite 123). Lisa und Naomy sind deren Töchter im Teenie-Alter.
  • Sean ist in zweiter Ehe mit der deutlich jüngeren Emma verheiratet.
  • Rose, das attraktivste Mitglied der Familie, ist mit Raj verheiratet und hat bis heute ihren Platz im Leben nicht vollständig gefunden.

Bevor es geschah

Die Rahmengeschichte im Jahr 2021 bildet das von Jacquelyn im Anwesen der Mutter organisierte jährliche Familien-Barbecue. Schrittweise werden die Geschwister samt Partner in die Geschichte eingebracht. Weil ich beim Lesen eine Weile gebraucht habe, um mir die Namen und Verwandtschaftsverhältnisse zu merken, habe ich Dir den Überblick über die Familienmitglieder vorangestellt.

Rückblenden bis 1989 lassen uns verstehen, warum die Menschen wurden, wie sie sind. Situationen werden aus verschiedenen Perspektiven in unterschiedlichen Kapiteln erzählt. Dunkle Geheimnisse von früher und heute kommen ans Licht und Details bekommen neue Bedeutungen.

Schuld lastet auf einigen Familienmitgliedern zurecht, andere tragen sie unfreiwillig übergestülpt und wie aus Versehen angenommen mit sich herum. Es gibt ein kollektives Versagen in dieser Familie.

Gutes und schlechtes Altern – wer auch immer das definieren mag – spielt ebenso eine Rolle wie Entwicklungen vom Mädchen zur Jugendlichen mit ihren Tücken. Es eint die Familienmitglieder, dass sie in der Jugend innerhalb der Familie Schlimmes erlebt oder gesehen haben und die Person, der sie sich anvertrauen wollten oder haben, den Vorfall heruntergespielt oder gar negiert hat.

Gerade den Mädchen wird eingetrichtert, dass sie selbst verantwortlich sind für Dinge, die geschehen, selbst wenn sie noch zu jung sind, um sie zu verstehen. So schreiben sie sich Vorfälle von sexueller Belästigung selbst zu, obwohl sie das Opfer sind (vgl. Seite 245).

Für die angeheirateten Mitglieder der Familie ist es noch schwerer, das System zur durchschauen, als für die Kinder von Elisabeth und Alistair. Aus Emmas Blickwinkel, sie ist das neueste erwachsene Familienmitglied, ist nicht das Geld das Beeindruckende oder die Karrieren und der Erfolg der Haynes‘, sondern die sonderbare Dynamik dieser Familie irritiert sie, mit der die Mitglieder wie in einem Sonnensystem umeinander kreisen, sich ab und an streifen oder ausweichen (vgl. Seite 40).

Fazit

Ein spannender Roman voller guter Absichten und Abgründe, bei dem zwar einige zu erahnen sind, andere mich aber durchaus überrascht haben. 256 Seiten sind für einen Roman nicht viel; durch die Dichte der Geschichte kam mir der Umfang beim Lesen auf positive Weise größer vor. Ein absolut lesenswertes Buch für Fans von verstrickten Familienverhältnissen, bei denen es kein Entkommen aus dem Geflecht gibt.

Ist das ein Sommerroman für Dich?

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Lesetipp: Urlaub mit „Freunden“

Werbung – Rezensionsexemplar

Fremde Freunde von Max Küng

Fremde Freunde
von Max Küng

Originalausgabe, Hardcover, 432 Seiten
ISBN 978-3-0369-5838-5
Erschienen am 11. Mai 2021 bei KEIN & ABER (Werbung)
Auf der Verlagsseite findest Du eine Leseprobe.

„Eine abgründige und urkomische Geschichte über die schönste Zeit des Jahres: die Ferien!

Die Einladung klingt perfekt: Eine Woche Ferien in einem idyllischen Haus in Frankreich. Einfach mal wieder die Seele baumeln lassen. Süβes Dolcefarniente genieβen. Und natürlich: Essen wie Gott in Frankreich! Doch leider kommt es dann so, wie es oft kommt: Ganz, ganz anders.“

Klappentext

Die Schweizer Jean und Jacqueline haben ein Ferienhaus in Frankreich im kleinen Ort Saint-Jean-aux-Bois, in das sie zwei befreundete Familien für eine Woche einladen, wobei befreundet eigentlich nicht das richtige Wort ist. Man hat sich über die Schulkinder kennengelernt, die untereinander befreundet sind und mit in diesen Urlaub dürfen.

Die versteckte Agenda von Jeans und Jaquelines Einladung der Paare Filipp, Salome, Veronika, Bernhard und deren Kinder ist, dass den beiden das Haus finanziell über den Kopf wächst. Es hat mehr Sanierungsstau, als beim Kauf zu erwarteten war, und die eigene Werbeagentur läuft gerade nicht so gut.

Die beiden gehen davon aus, dass die Gäste über ausreichend Geld und Niveau verfügen, so dass man ihnen nach Ablauf der gemeinsamen Ferienzeit eine Teilhaberschaft anbieten möchte, nachdem man sie kulinarisch verwöhnt und ihnen Haus und Gegend schmackhaft gemacht hat. Soweit das Ziel, von dem die beiden Paare nichts ahnen.

Gegliedert ist der Roman in sechs Teile, für jeden Ferientag eins. In jedem Teil gibt es Unterkapitel, in denen die kleinen Anekdoten und Vorkommnisse des Tages betrachtet werden. Die Erzählperspektive lässt dabei alle Erwachsenen zu Wort kommen, so dass der Leser Einblick in verschiedene Sichtweisen bekommt.

Du wirst Dir denken können, dass die Ansichten über die Erlebnisse zuweilen weit auseinander liegen. Die kurzen Kapitelüberschriften sind in Französisch mit deutschen Untertiteln verfasst, zum Beispiel La cloche – Die Glocke. Die Kapitel sind jeweils nur wenige Seiten kurz. Die Überschriften sind so trocken-sachlich-sarkastisch gewählt, dass ich am Ende des Kapitels oft nochmal zurück geblättert habe, um zu nachzusehen, wie es hieß.

Was in der Ferienwoche in dem Haus und mit den Paaren passiert, werde ich Dir natürlich nicht verraten. Nur so viel: Die Spannung baut sich über die sechs Tage durchaus auf und es gibt mehr als einen ungeahnten Abgrund in den Beziehungen.

Neben der Geschichte an sich sagt mir die maritime Aufmachung des Romans zu. Das Hardcover hat keinen Schutzumschlag, der Einbandstoff ist direkt bedruckt. Die rot-weiß-blaue – O.K., wohl doch nicht maritime, sondern eher französische – Aufmachung mit Lesebändchen lässt mich an schöne Sommertage denken.

Fazit: 5-Sterne-Lesetipp für alle, die feinsinnige Sprache mögen und gerne hinter Fassaden blicken. Ein schönes Buch für den nächsten Urlaub – mit oder ohne Freude.

Machst Du Urlaub mit Freunden oder Bekannten?


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Lesetipp: Liebe und Freundschaft im Wien der 1930er Jahre

Werbung – Das Buch ist selbst gekauft, aber mit dem Verlag kooperiere ich ansonsten mit Rezensionsexemplaren.

Der Trafikant von Robert Seethaler

Der Trafikant
von Robert Seethaler

256 Seiten
ISBN 978-3-0369-5909-2
Erschienen 2013 bei KEIN & ABER (Werbung)

„Österreich 1937: Der 17-jährige Franz Huchel verlässt sein Heimatdorf, um in Wien als Lehrling in einer Trafik – einem kleinen Tabak- und Zeitungsgeschäft – sein Glück zu suchen. Dort begegnet er eines Tages dem Stammkunden Sigmund Freud und ist sofort fasziniert von ihm. Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden unterschiedlichen Männern. Als sich Franz kurz darauf Hals über Kopf in die Varietétänzerin Anezka verliebt, sucht er bei dem alten Professor Rat. Dabei stellt sich jedoch schnell heraus, dass dem weltbekannten Psychoanalytiker das weibliche Geschlecht ein mindestens ebenso großes Rätsel ist wie Franz. Ohnmächtig fühlen sich beide auch angesichts der sich dramatisch zuspitzenden politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse. Und schon bald werden Franz, Freud und Anezka jäh vom Strudel der Ereignisse mitgerissen.“

Klappentext

Der feinsinnige Roman wurde mir im letzten Urlaub in der Badebuchhandlung (Werbung) in Wenningstedt auf Sylt von einem belesenen Verkäufer, der meinen Geschmack mit sämtlichen seiner Empfehlungen perfekt getroffen hat, ans Herz gelegt. Ich habe es damals nicht gekauft, sondern mir nur gemerkt, weil ich mich für den Urlaub mit anderen Büchern dort eingedeckt habe. Es hat etwas länger in meiner Leseliste geschlummert, bis es jetzt an die Reihe gekommen ist.

Das ist übrigens eine der Buchhandlungen, in denen die Verkäufer immens viele Bücher aus dem Laden selbst gelesen haben und den Geschmack der Leser gut einschätzen können. Bisher ist mir dort nur ein Fehlgriff passiert.

Zum Inhalt des Romans möchte ich gar nicht mehr verraten, als in der Buchbeschreibung steht. Mir hat die Sprache wahnsinnig gut gefallen. Bedächtig, feinsinnig, fragend, erforschend … Der junge Franz wird in so kurzer Zeit in Wien erwachsen und hat das Herz dermaßen am rechten Fleck, dass die Welt immens besser wäre, wenn es mehr von seiner Sorte gäbe.

Wien ist eine wunderschöne Stadt und neben der Sprache mit den wienerischen Formulierungen, es ist in Schriftsprache verfasst, aber eben mit österreichischen Wörtern und Formulierungen, hat mir gefallen, mit Franz durch die Stadt zu laufen. Trotz der politischen Entwicklungen in dieser Zeit und der sich daraus ergebenden dramatischen Vorfälle, entsteht beim Lesen dabei eine Leichtigkeit, die seiner Jugend gerecht wird.

Ist das ein Roman für Dich? Warst Du schon mal in Wien?