Werbung – Rezensionsexemplar
Kinder des Aufbruchs
von Claire Winter
Band 2 von bisher 2
Originalausgabe, Hardcover mit Schutzumschlag, 560 Seiten
ISBN 978-3-453-29266-6
Erschienen am 2. November 2022 im Diana Verlag (Werbung)
Eine Leseprobe und Bestellmöglichkeiten bei diversen Händlern findest Du auf der Verlagswebsite.
„Berlin 1967: Vier junge Menschen zwischen Verrat, Spionage und dem Kampf um die Demokratie
Sechs Jahre nach dem Mauerbau lernt die erfolgreiche Dolmetscherin Emma in West-Berlin die aus dem Ostteil der Stadt geflohene Sängerin Irma Assmann kennen. Als sie ihrer Zwillingsschwester Alice davon erzählt, reagiert diese beunruhigt. Alice schreibt als Journalistin über die Studentenbewegung und steht in Kontakt mit verschiedenen Fluchthilfe-Organisationen. Ist Irma mit ihren ehemaligen Beziehungen zum KGB als Informantin im Westen? Oder sind die Schwestern und deren Männer Julius und Max durch ihre Verbindungen zur DDR zu Zielscheiben geworden? Kurz darauf wird die Sängerin ermordet, und die vier geraten inmitten der Studentenunruhen zwischen die Fronten der Geheimdienste.“
Klappentext
Band 1 – Kinder ihrer Zeit
Band 1 der Geschichte, Kinder ihrer Zeit, habe ich Dir kürzlich noch einmal vorgestellt, um den Bezug zu dieser Geschichte herzustellen. Wenn Du beide Bücher lesen möchtest, lies bitte Band 1 zuerst. Ich denke, dass man die Handlung aus Band 2 auch ohne Band 1 grundsätzlich versteht, aber nicht in der Tiefe und man spoilert sich selbst etwas, falls man dann doch noch den ersten Band lesen möchte.
Nun aber rein in Band 2 – Kinder des Aufbruchs!
Der Klappentext trifft zwar einen Teil der Handlung, aber für mich nicht den Wesentlichen. Er fasst zusammen, dass es schwer ist und unsicher sein kann, Menschen zu vertrauen, wenn man eine gemeinsame Geschichte in der DDR und im Spionagenetz hat. Aber die Handlung um Irma herum ist nur ein kleiner Teil des Romans.
Für mich stehen im Fokus die Paare Emma mit Julius und Alice mit Max. Alice ist als Journalistin dicht an den aktuellen politischen Ereignissen um Benno Ohnesorg und Rudi Dutschke und versucht als Links-Intellektuelle gegen die Springerpresse anzuschreiben.
Alice und Max haben eine Tochter, die es gar nicht gut findet, dass ihre Mutter als einzige in der Klasse berufstätig ist. Familie und Job unter einen Hut zu bringen, ist leider ein Thema, dass 1967 so aktuell ist wie 2022. Max ist Anwalt und für damalige Verhältnisse ein moderner Vater, denn er übernimmt auch tagsüber Betreuungszeiten und arbeitet teilweise zu Hause.
Emma ist glücklich mit ihrer Arbeit als Dolmetscherin und in hohen politischen Kreisen unterwegs. Dennoch wünschen Julius und sich ein Kind. Emma leidet unter den psychischen Folgen einer Fehlgeburt und stellt ihr Leben in Frage. Dabei kommt Luca in ihr Leben, ein Junge im Grundschulalter, den sie bei einem Dolmetscherauftrag in einem Kinderheim kennenlernt. Sie beginnt, eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Luca ist ein scheues Kind und hat offenbar ein gefährliches Geheimnis. Julius ist aus verschiedenen Gründen nicht begeistert von dem Band zwischen Emma und Lucas.
Auf einer Demo gleich zu Beginn der Handlung trifft Alice zufällig auf Fritz, einen alten Freund aus der DDR, dem gegenüber sie ein wahnsinnig schlechtes Gewissen hat wegen einer Tat, in die Irma und sie damals beide involviert waren, als sie noch in der DDR gelebt haben. Fritz wurde von Westdeutschland freigekauft und setzt alles daran, seine Schwester nachzuholen. Alice geht bei der Unterstützung von Fritz deutlich mehr Risiken ein, als Max recht ist. Für mich ist dieser Handlungsstrang der Kern der Geschichte.
Wie viel Wahrheit braucht ein Leben?
Und wie viel Vertrauen kann am Ende zu gefährlich sein? Kann man, wenn man einmal im Netz der Stasi, KGB, CIA und BND war, jemals wieder vollständig frei und unbeobachtet leben? Kommt immer wieder jemand an fordert das Begleichen einer offenen Rechnung an?
„Ich vermisse viele Menschen […] und dieses Miteinander und den Zusammenhalt, den es untereinander gab“ […] „Hier im Westen ist das anders.“
Fritz auf Seite 185 auf die Frage von Alice, ob er das Leben in der DDR manchmal vermisst.
Als in Westdeutschland sozialisierte Person frage ich mich immer, was mit diesem Miteinander und dem Zusammenhalt gemeint ist. Ich habe schon häufiger gehört, dass diese Begriffe von in Ostdeutschland sozialisierten Menschen verwendet werden und eine gewisse Sehnsucht danach besteht.
Gilt das nur für Menschen, die mit der Stasi nichts im Hut hatten? Mein Gefühl beim Lesen solcher Bücher und in Gesprächen ist eigentlich eher, dass man in der DDR immer vorsichtig sein musste, weil man nie wusste, wem man wirklich vertrauen kann. Nicht umsonst sind viele Freundschaften und Familien zerbrochen, nachdem die Stasi-Akten eingesehen werden konnten.
Letztlich ist das auch der Eindruck, der beim Lesen dieses Buchs entstanden ist: Das Messer rammt Dir am Ende der in den Rücken, den Du am wenigsten im Verdacht hattest, der Verräter zu sein. Aber vielleicht liegt das auch in der Freiheit der Romanerzählung.