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Lesetipp: Die Fernsehfamilie in 3 Bänden

Werbung – Rezensionsexemplar

Wunder gibt es immer wieder von Beate Sauer

Wunder gibt es immer wieder
Die Fernsehschwestern (Band 1)
Beate Sauer

Originalausgabe, Paperback , Klappenbroschur, 544 Seiten
ISBN 978-3-453-42665-8
Erschienen am 14. Juni 2023 im Heyne Verlag (Werbung)
Eine Leseprobe und Bestellmöglichkeiten bei diversen Händlern findest Du auf der Verlagswebsite. Ich habe es als E-Book gelesen.

Die Geschichte einer deutschen Familie, eines Mediums, das alles verändert, und einer Generation furchtloser Frauen

1953 bezaubert die Krönungszeremonie von Elizabeth II. die Menschen vor den Fernsehbildschirmen. Das neue Medium bietet einen Blick in die große weite Welt, wie es ihn nie zuvor gegeben hat. Auch die siebzehnjährige Eva Vordemfelde ist begeistert von der jungen Königin, von der frischen Brise einer neuen Zeit und der Aussicht auf ein aufregendes, unabhängiges Leben. Ihrem Vater passen diese Ambitionen überhaupt nicht. Ein junges Mädchen gehört nach Hause. Als Eva sich auch noch in den unkonventionellen Journalisten Paul verliebt, setzt ihr Vater alles daran, seine Tochter den konservativen Regeln zu unterwerfen, die er für richtig hält. Doch Eva lässt sich nicht unterkriegen. Und als sie die unglaubliche Chance erhält, bei der Kostümbildnerin der »Sissi«-Filme zu lernen, setzt sie alles daran, ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen.“

Verlagstext

Zu Beginn habe ich mich mit dem Roman etwas schwer getan, weil er in Evas Perspektive sprachlich sehr mädchenhaft-romantisch wirkt. Da das aber das Denken und Sprache der Zeit gewesen sein dürfte, fand ich es nach einer Weile nicht mehr kitschig, sondern passend.

Die Veränderung, die Eva durch die Abnabelung vom Vater in dem Buch vollzieht, zeigt sich im Lauf des Romans dann auch in ihren Gedanken und der verwendeten Sprache. Das erzeugt eine schönen Entwicklungsbogen. Am Ende wurde zur sprachlichen Stärke des Buchs, woran ich mich zu Beginn störte.

Eva hat gegen ihren Willen eine Ausbildung zur Sekretärin gemacht, anstatt Schneiderin zu werden, um als Kostümbildnerin zu arbeiten, was ihrem Traum entsprochen hätte. Als Tochter im Großbürgertum war aus Sicht des Vaters eine Arbeit als Schneiderin unter Niveau. Über eine Tätigkeit als Kostümbildnerin im Umfeld von Revuen brauchen wir gar nicht erst zu reden. Die laufen beim ihm direkt unter Rotlicht-Milieu.

Kleider zu entwerfen und selbst zu nähen als Hobby? Erlaubt. Als Arbeit? Undenkbar. Dem beugt sich Eva solange, bis sie die Chance sieht, eine Hospitanz in einem Theater zu bekommen. Es folgt: ein familiäres Drama. Das Problem ist, dass man in Deutschland damals erst mit 21 volljährig wurde, was Eva zu diesem Zeitpunkt nicht ist.

Selbst mit 19 und 20 wird sie von ihrem Vater herumkommandiert wie ein Kleinkind. Es hat im Haus ganz klar nur eins zu geschehen: sein Wille und die Unterstützung seiner Karriere als Journalist. Er tut alles, um zu verhindern, dass Eva ihre beruflichen Träume verwirklichen kann.

Paul lernt sie bei der Arbeit als Schreibkraft beim NWDR – aus dem wurden später NDR und DWR – kennen. Natürlich gefällt ihrem Vater an Fan von Adenauer die linke Denkweise Pauls nicht. Ob Paul und Eva zueinander finden und eine Chance bekommen, kannst Du beim Lesen herausfinden.

Eva hat die Vorstellung einer gleichberechtigten Ehe. Sie möchte berufstätig sein, auch wenn sie Kinder hat, Sonntags gemeinsam mit dem Mann ein einfaches Essen kochen, anstatt ihm alleine ein 3-Gänge-Menü auf den Tisch zu bringen und über ihr eigenes Geld verfügen ohne Einwilligung des Ehemanns. Das ist exakt das Gegenteil von dem, was ihre Eltern ihr vorleben.

Allerdings war die Mutter Annemie nicht immer so eine brave Hausfrau. Der Vater ist aus Gefangenschaft in Russland erst Jahre nach dem Krieg heimgekehrt und die Mutter hat, mit Evas Unterstützung, in diesen Jahren Eva und ihre beiden jüngeren Schwestern – die Zwillinge Lilly und Franzi – alleine durchgebracht.

Die starke Frau aus den Nachkriegsjahren blitzt immer mal wieder in Annemie auf, aber sie scheint Angst vor ihrer eigenen Courage zu haben. Ihr ist klar, dass sie Eva unterstützen muss, um sie nicht zu verlieren. Das setzt aber voraus, sich gegen den Ehemann aufzulehnen, was dem natürlich so gar nicht passt.

Mir hat es Spaß gemacht, den Roman zu lesen. Ich habe mit Eva gelitten unter dem Vater und den Umständen, denen sie in 1950ern unterworfen war. Und ich habe mich mit jedem Schritt für sie gefreut, den sie aus der Enge der Familie heraus gewagt hat. Die Fortsetzung möchte ich definitiv lesen.

Ausblick

Band 2 Morgen ist ein neuer Tag ist für den 11. Januar 2024 geplant, Band 3 Glücklich sind die Mutigen für den 10. Juli 2024. Wenn Du die drei Bände in einem Rutsch lesen möchtest und Dein SuB eh voll ist, brauchst Du nur bis zum kommenden Sommer zu warten.

In Band 2 stellen sich Lilly und Franzi, die Zwillingsschwestern von Eva, den Herausforderungen der 1968er-Bewegung. Band 3 spielt 1989 zum Mauerfall und stellt neben Eva ihre Nichte in den Vordergrund. Das berufliche Fernseh-Umfeld zieht sich durch die Familie.

Ist das eine Romanserie für Dich?

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Lesetipp: Klaras Weg – Band 2

Werbung – Rezensionsexemplar

Traumfrauen. Minirock und neue Zeiten, Band 2
von Anna Jessen

Traumfrauen. Minirock und neue Zeiten, Band 2
von Anna Jessen

Originalausgabe, Paperback , Klappenbroschur, 400 Seiten
ISBN 978-3-442-20645-2
Erschienen am 23. August 2023 im Goldmann Verlag (Werbung)
Eine Leseprobe und Bestellmöglichkeiten bei diversen Händlern findest Du auf der Verlagswebsite. Ich habe es als E-Book gelesen.

„Hamburg, Anfang der 60er Jahre: Die junge Klara Paulsen hat ihre Stelle als Fotografin und Redakteurin bei der Frauenzeitschrift »Claire« aufgegeben, um eine noch viel aufregendere Aufgabe zu übernehmen: Zusammen mit Freunden und Kollegen gründet sie „Holly“, eine moderne Zeitschrift für Musik und Mode. Es ist die Zeit von Rock’n’Roll und Minirock, die ganze Stadt vibriert. Und niemand hat ein besseres Gespür für prickelnde Themen als Klara, die sich ins größte Abenteuer ihres Lebens stürzt. Auch privat scheint es gut für sie zu laufen. Doch das Schicksal stellt sie vor harte Prüfungen …“

Verlagstext

Nachdem ich Dir im Juni 2023 Traumfrauen. Petticoat und große Freiheit – Band 1 – ans Herz gelegt habe, selbst gekauft, habe ich nun Band 2 als Rezensionsexemplar erhalten. Band 1 war übrigens das Wunschbuch der Gewinnerin der Verlosung zum 14. Blog-Geburtstag. Eine gute Wahl!

Band 2 habe ich ebenso verschlungen wie Band 1. Es war wieder schön, mit Klara und ihren Begleiter_innen durch Hamburg zu streifen und zu lesen, wie sich das Leben für die Frauen dabei in den 1960ern entwickelt hat.

„Normal sollen andere sein.
Wir wollen besonders sein.“

Anna Jessen, Traumfrauen. Minirock und neue Zeiten, Heyne, Epigraph

Das ist das Motto der Hauptfiguren und ihres neuen Magazins Holly. Wie im Verlagstext erwähnt, geht es dabei aber im privaten und geschäftlichen Leben gerade für Klara nicht zu leicht zu. Was für private Schicksalsschläge auf sie warten, verrate ich Dir nicht, um die Spannung beim Lesen zu bewahren.

Geschäftlich macht dem jungen Verlag der alte Arbeitgeber Curtius vom Frisch Verlag, wo die Neu-Gründer vorher für die Zeitschrift Claire gearbeitet haben, das Leben schwer. Er trägt das Zerwürfnis mit seinem Sohn Gregor und den Zorn auf den Weggang der Mitarbeiter zur Holly auf den Schultern des ganzen Teams um Gregor herum aus. Mehr als einmal gilt es, eine Pleite abzuwenden.

Letztlich haben sie alle den Traum, glücklich zu werden und die Welt schöner zu machen – durch spannende Artikel, inspirierende Fotos, tolle Kleider und Frisuren … und ein leidenschaftliches Leben mit Freundschaft und Liebe (vgl. Pos. 5054 im E-Book, letzte Seite vor dem Ende).

Band 1 hat mir etwas besser gefallen als der zweite Teil, weil er mir ruhiger in der Handlung erschien. Im zweiten Teil passiert alles Schlag auf Schlag, was vielleicht aber auch einfach der damaligen Zeit geschuldet ist, die einer so hohen Dynamik unterlag. Für meinen Geschmack wären ein paar ruhigere Phasen beim Lesen angenehm gewesen. Aber auch dieses Mal habe ich Klaras Weg gerne verfolgt. Gäbe es einen dritten Band, würde ich ihn lesen wollen.

Ist das ein Buch für Dich?

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Lesetipp: Tödlicher Segeltörn

Werbung – Rezensionsexemplar

Nordlicht - Tod in den Fluten von Anette Hinrichs

NORDLICHT – Tod in den Fluten
von Anette Hinrichs
Der fünfte Fall für das deutsch-dänische Ermittlerteam Boisen & Nyborg

Originalausgabe, Taschenbuch, Klappenbroschur, 432 Seiten
ISBN 978-3-7341-1207-2
Erschienen am 19. Juli 2023 bei blanvalet (Werbung)
Eine Leseprobe und Bestellmöglichkeiten bei diversen Händlern findest Du auf der Verlagswebsite. Ich habe das Buch als E-Book gelesen.

Ein mörderischer Segeltörn auf der Flensburger Förde.
[…] Dauerregen und Starkwind über der Flensburger Außenförde. Während eines Kundenevents auf einer Segelyacht geht die junge Bankerin Saskia Niekamp bei einem Wendemanöver über Bord. Wenige Tage später wird ihr Leichnam in Sønderby an der dänischen Küste angespült. Was zunächst wie ein tragischer Unfall aussieht, erweist sich als heimtückischer Mord.
Vibeke Boisen und Rasmus Nyborg ermitteln in der einflussreichen Welt von Vorstandsetagen und gut betuchten Kunden. Je tiefer sie graben, desto mehr belastende Erkenntnisse bringen sie über die Tote ans Tageslicht. Doch erst als sie auf die Verbindung zu einem alten, ungelösten Fall stoßen, kommen sie den wahren Hintergründen auf die Spur…“

Verlagstext

Unter dem Schlagwort Nordlicht findest Du alle Buchvorstellungen von mir aus der Reihe. Die Serie lese ich besonders gerne, weil ich die Gegend in Norddeutschland um Flensburg und Süddänemark kenne, in der sie spielt. Von den Todesfällen abgesehen, bin ich mit dem Ermittlerteam dort gedanklich im Urlaub unterwegs. Passend zum letzten Winterurlaub beginnt der Krimi in Glücksburg.

Schloss Glücksburg – Ines Meyrose - 2022
Schloss Glücksburg Seeseite

Seit dem Auslesen von Band 4 im letzten Sommer habe ich mich auf die Fortsetzung der Serie gefreut. Auch dieses Mal ging es mir beim Lesen am Ende so, dass ich am liebsten direkt in den Cliffhanger eingestiegen wäre. Phasenweise hat mir Tod in den Fluten jedoch leider nicht so gut gefallen wie die anderen Bände, auch wenn sich der Krimi sich schnell lesen ließ und er am Ende dennoch ein Lesetipp ist.

Woran lag das?

Zum einen gibt es in der Geschichte viele Bezüge auf das Ende des vorherigen Bandes in Bezug auf die Zusammenarbeit von Vibeke und Rasmus. Mir fehlte da teilweise die Erinnerung. Im Lauf des Lesen kam sie wieder, aber das ist zum Beispiel ein Grund, warum ich diesen Band auf keinen Fall als einzelnen Band aus der Serie lesen würde.

Entgegen der Verlagsaussage, dass es sich um eigenständige Bände handelt, die man unabhängig voneinander lesen kann, versteht man meiner Ansicht nach weder die Anspielungen auf die Zusammenarbeit zwischen Vibeke und Rasmus noch deren privaten Themen, die bei Rasmus mit dem tragischen Tod seines Erstgeborenen zu tun haben und bei Vibeke mit ihrer Lebensgeschichte als Adoptivkind. Nicht mal die Tiefe der Abschlusshandlung auf der letzten Seite würde man verstehen, wenn man Band 4 nicht kennt.

Grundsätzlich finde ich es unproblematisch, wenn Serien aufeinander aufbauen. Ich mag das sogar. Unglücklich finde lediglich, wenn es vom Verlag anders dargestellt wird. Deshalb ist das hier ganz klar nur eine Leseempfehlung für Leser_innen, die mindestens Band 4 bereits kennen – und am besten alle Bände der Reihenfolge nach gelesen haben.

Zum anderen ist die Handlung dominiert von polizeilicher Fleißarbeit mit Befragungen und davon, dass Vibeke und Rasmus trübsinnig mit den Gedanken in der Vergangenheit hängen. Das Leben ist nicht immer happy sunshine, aber ein paar kleine fröhliche Momente hätten für mich schon dabei sein dürfen. Die Befragungen der Verdächtigen zogen sich beim Lesen hin.

Anfang und Ende

… haben mir richtig gut gefallen. Dazwischen hatte ich viele Bilder im Kopf von den schicken Wasserhäusern in Flensburg-Sonwik und der Marineschule. Mein Bedürfnis nach Lokalkolorit wurde erfüllt.

Interessant fand ich, wie sich bei den Ermittlerin das Bild der Toten immer mehr zusammengesetzt hat, die nicht halb so sympathisch und beliebt war, wie sie anfangs dachten.

Nordisch by Nature

Lustig fand ich zwei Stellen, die für mich typisch norddeutsch sind

„“Saskia meinte immer, er sei nett.“ So wie sie das letzte Wort aussprach, wusste Vibeke sofort, was gemeint war.“

Anette Hinrichs, NORDLICHT – Tod in den Fluten, blanvalet, Pos. 3861 im E-Book

Es gibt für mich kein anderes Wort, was dermaßen in der Bedeutung variiert von ironisch für total schlimm bis ernst gemeint wirklich schön wie das kleine Wörtchen nett.

„Der eine oder andere Beamte wippte als Zeichen seiner Ausgelassenheit mit dem Fuß zur Musik.“

Anette Hinrichs, NORDLICHT – Tod in den Fluten, blanvalet, Pos. 2050 im E-Book

Ja, so geht das, wenn Norddeutsche auf einer Abschiedsparty für einen Kollegen im Büro mal so richtig aus sich herauskommen ;).

Fazit

Wer Fan der Serie ist, Lust auf gedankliche Spaziergänge durch Flensburg und die dänische Umgebung hat, kann Spaß an dem Krimi haben. Weil ich mich jetzt schon auf den nächsten Band freue, denn ich möchte wissen, was es mit Vibekes biologischer Familie und dem Freund von Rasmus‘ verstorbenem Sohn auf sich hat, habe ich trotz der Kritikpunkte das Buch gerne gelesen.

Ist das ein Krimi für Dich? Kennst Du die Serie?

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Lesetipp: Essen um sechs

Werbung – Das Buch habe ich von einer Leserin geschenkt bekommen – Danke! – mit dem Verlag kooperiere ich ansonsten mit Rezensionsexemplaren.

Eine Frage der Chemie
von Bonnie Garmus
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Eine Frage der Chemie
von Bonnie Garmus

Hardcover mit Schutzumschlag, 464 Seiten
ISBN 978-3492071093
Übersetzt aus dem Englischen von Klaus Timmermann, Ulrike Wasel
Originaltitel Lessons in Chemistry, Originalverlag Doubleday
Erschien am 31. März 2022 im Piper Verlag (Werbung)

„Elizabeth Zott ist eine Frau mit dem unverkennbaren Auftreten eines Menschen, der nicht durchschnittlich ist und es nie sein wird. Doch es ist 1961, und die Frauen tragen Hemdblusenkleider und treten Gartenvereinen bei. Niemand traut ihnen zu, Chemikerin zu werden. Außer Calvin Evans, dem einsamen, brillanten Nobelpreiskandidaten, der sich ausgerechnet in Elizabeths Verstand verliebt. Aber auch 1961 geht das Leben eigene Wege. Und so findet sich eine alleinerziehende Elizabeth Zott bald in der TV-Show „Essen um sechs“ wieder. Doch für sie ist Kochen Chemie. Und Chemie bedeutet Veränderung der Zustände …

Verlagstext

Dieses Buch habe ich mit den Worten der Leserin bekommen, dass wenn sie nur ein Buch pro Jahr lesen dürfte, es dieses wäre. Das hat mich natürlich mehr als neugierig gemacht. Ab der ersten Seite wusste ich, was damit gemeint war. Die Sprache hat mich sofort gefangengenommen und ich habe jeden Satz genossen, selbst die traurigen und die manchmal ein bisschen kitschigen.

Der Roman beginnt 1961 damit, dass wir erfahren, dass Elizabeth lustlos die Moderatorin der erfolgreichen Fernsehsendung Essen um sechs ist und sie eine ungewöhnlich begabte Tochter namens Madeline hat. Die Handlung springt dann kurz in die Zeit, als ihre Karriere beim Fernsehen begann und hüpft dann deutlich weiter zurück ins Jahr 1952, als Elizabeth im Rahmen ihrer Arbeit als Chemikerin auf Calvin Evans trifft.

Im Lauf des Romans entdecken wir, warum Elizabeth trotz hervorragender Leistungen nicht zur Promotion zugelassen und wurde und ihre Karriere als Chemikerin zu Ende war, bevor sie richtig begonnen hat. Wir lernen, warum Calvin Evans so ist, wie er ist, und was Familiendramen mit durchgeknallten Eltern und religiös geführten Kinderheimen mit mangelhafter Moral aus Menschen machen können und warum die körperliche Qual des Ruderns eine seelische Freude sein kann.

Mir hat bei dem Roman am besten gefallen, dass ich mich in die meisten Figuren hineinversetzen konnte. Das Lesen war dadurch immens intensiv. Ich habe viel mitgelitten. Elizabeths Tochter ist ebenso großartig wie die Nachbarin Harriet, die Elizabeth unter die Arme greift bei der Bewältigung des sie oft überfordernden Alltags. Die pragmatische Art, mit der Elizabeth durch ihr Leben geht, liebe ich.

Der Familienhund namens Halbsieben bekommt ebenso fünf Sterne wie das ganze Buch von mir. Zur Handlung möchte ich Dir nicht mehr verraten, um die Lesespannung nicht zu schmälern, wenn Du meinem Lesetipp folgst. Und genau das ist mein Rat an alle, die gerne Geschichten lesen mit Frauen, die sich entgegen aller Konventionen nicht unterordnen: Lest dieses Buch!

Ist das ein Roman für Dich?

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Lesetipp: Kuckuckskind

Werbung – Rezensionsexemplar

Romy Maedchen die pfeifen von Felicitas Fuchs

Romy. Mädchen, die pfeifen
Mütter-Trilogie Band 3
von Felicitas Fuchs

Originalausgabe, Paperback, Klappenbroschur, 592 Seiten
ISBN 978-3-453-42644-3
Erschienen am 12. Juli 2023 im Heyne Verlag (Werbung)
Eine Leseprobe und Bestellmöglichkeiten bei diversen Händlern findest Du auf der Verlagswebsite.

Mütter-Trilogie

Band 1 Minna. Kopf hoch, Schultern zurück habe ich nicht gelesen. Band 2 Hanne. Die Leute gucken schon habe ich Dir im Februar 2023 empfohlen. Heute stelle ich Dir Band 3 Romy. Mädchen, die pfeifen vor.

„Bad Oeynhausen 1983: Die 23-jährige Romy arbeitet in einer Diskothek. Sie ist schon früh zu Hause ausgezogen, weil sie sich mit ihrer Mutter Hanne nie gut verstanden hat. Nach außen wirkt sie stark und selbstbewusst, doch im Innersten ist sie sehr verletzlich. Als sie die Hochzeit mit ihrer großen Liebe Falco vorbereitet, stolpert sie in den Familienpapieren über einen Namen, den sie nicht kennt, und es reißt ihr den Boden unter den Füßen weg. Romy macht sich auf die Suche nach der Wahrheit, ohne ihrer Mutter Hanne davon zu erzählen.“

Verlagstext

Romy. Mädchen, die pfeifen

Mein Beitragstitel ist nicht ganz korrekt. Bei Kuckuckskindern wissen weder Kind noch vermeintlicher Vater, dass der Mann nicht der Erzeuger des Kindes ist. Bei Romy weiß es ihr Ziehvater, lediglich sie war darüber unwissend. Da es in dem Buch aber um die Perspektive von Romy und nicht ihres sozialen Vaters geht, finde ich den Titel dennoch passend.

Was macht es mit einem, wenn man mit Anfang 20 erfährt, dass der vermeintliche Vater nicht der biologische ist und einem das die ganze Zeit über verschwiegen wurde? Das muss gruselig sein. Ich kenne jemanden mit so einem Fall und die Person hat das enorm aus der Bahn geworfen, als zum 18. Geburtstag Post vom Jugendamt kam.

Krass ist bei dieser Trilogie, dass sie im Kern auf der wahren Familiengeschichte der Autorin basiert. Frei nach dem Motto: Sowas kann man sich nicht ausdenken.

In Band 3 steht Romy im Vordergrund. Oma Minna ist verstorben, Mutter Hanna lebt ihr Leben weiter nach der Prämisse Was sollen denn die Leute denken. Fassade ist alles. Gar nicht so einfach, die in einer Familie mit vielen Alkoholikern und Menschen mit geschäftlich schlechtem Händchen aufrecht zu halten.

Der Roman spielt zwischen 1978 und 2019 und umfasst das Ende von Romys Ausbildungszeit im Hotelgewerbe bis zu ihrem Leben als erwachsene Frau mit eigener Familie, die in die dritte Generation geht.

Auf der Innenseite des Buchs sind Fotos abgedruckt, eins davon zeigt Romy und ihre zwei Söhne. Dass sie trotz schwieriger Geld- und Partnerschaftsverhältnisse eine Familie gründet, spoilert der Verlag also selbst.

Romy ist ihr ganzes Leben damit beschäftigt, neben ihrer Mutter wachsen zu lernen. Sie kann es Hanne nie recht machen und versucht, den Kopf immer irgendwie über Wasser zu halten und sich und ihre Partner finanziell über die Runden zu bringen.

Meine Enkeltochter geht auf die Höhere Schule, als Erstes in der Familie. […] aus ihr wird mal was werden, sie wird es besser haben als unsereins.“

Felicitas Fuchs, Romy. Mädchen, die pfeifen, Heyne Verlag, Seite 13 Worte von Oma Minna über Romy

Tatsächlich wird aber wirklich was aus ihr – in dem Sinn, dass sie konsequent die Verantwortung für ihr Handeln übernimmt, nie zu früh die Hoffnung aufgibt – eher zu spät, sie beruflich einen erfolgreichen Weg geht, obwohl ihr immer wieder Schuldenberge vor die Füße gelegt werden. Romy bekommt ihre Söhne auf für damalige Zeiten ungewöhnliche Wege großgezogen und lässt sich das Leben nicht von einem Mann diktieren.

1983 erfährt Romy kurz vor der Hochzeit mit Falco über die Abstammungsurkunde, dass Otto nicht ihr Erzeuger ist. Die volle Wahrheit in Bezug auf ihren Erzeuger, wie es zu Hannes Schwangerschaft kam und was Minna mit dem ganzen Konstrukt zu tun hat, erfährt sie erst 2017. Hanna ist so gefangen in ihrem eindimensionalen Denken, dass sie das Lebensgeheimnis am liebsten mit ins Grab nehmen würde.

Dieser dritte Band hat mir richtig gut gefallen. Aus meiner Sicht lässt er sich unabhängig von den anderen beiden Bänden lesen, wenn Du nur ein Buch aus der Trilogie lesen möchtest. Ich denke, dass die zentralen Handlungsstränge auch ohne Kenntnis der ersten beiden Bände zu verstehen sind. Natürlich nicht in der ganzen Tiefe, aber erfassbar.

Besonders schön fand ich als Leserin, dass das Buch ab 1978 in einer Zeit spielt, an die ich mich erinnern kann und aus der ich bisher nur wenige Romane gelesen habe.

Sind die Trilogie oder dieser dritte Band etwas für Dich?