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Dieser Beitrag erschien mit dem Titel Stilreise – lebenslange Entwicklung des Kleidungsstils am 4. September 2016 auf www.meyrose.de. Um den Bezug zum aktuellen Beitrag High Class Leger Chic zu haben, veröffentliche ich ihn erneut.
Bei meinem Beruf als Stilberaterin ist es wichtig, dass ich mich selbst gut kenne. Es ist meine Aufgabe, meinen persönlichen Geschmack bei Beratungen herauszulassen oder mindestens zu benennen und im Rahmen der Möglichkeiten objektiv zu beraten.
Das ist einer der Gründe, warum ich auch bei mir regelmäßige Kleiderschrankinventuren mache und meine Käufe analysiere. Dazu gehört auch, Biographiearbeit zu leisten. Wie das aussehen kann, zeigt diese Stilreise.
Stilreise – ein Blick auf 45 Jahre Kleidung einer Hamburgerin
Im letzten Monat habe ich mir die Zeit genommen, eine Stilreise in die Vergangenheit zu unternehmen und mir Gedanken zu machen, wie sich mein Stil verändert hat im Lauf des Lebens und was konstant geblieben ist.
Vorgehensweise
Bei Überlegungen zur lebenslangen Entwicklung des Stils und dem zeitgleichen Überdenken einer Freundschaft fiel mir auf, dass nicht nur Freundschaften und Hautbeschaffenheit einem 7-Jahre-Zyklus unterliegen. Auch die Veränderungen in meinem Stil und bevorzugten Farben folgen dem 7-Jahre-Zyklus mit +/- einem Jahr. Das wurde deutlich, als ich eine Tabelle mit folgenden Spalten erstellt habe
- Jahreszahlen von meiner Geburt 1971 bis heute
- einschneidende Erlebnisse
- Konfektionsgröße
- Basisfarben
- Akzentfarben
- Stil
- Marken
- Schmuck (Farbe, Größe, Stil)
- Einheitslook
- Key Piece
- Außerdem habe ich notiert, welche Kleidungsstücke Dauerbrenner sind und was mir noch nie stand. Den sich herauskristallisierenden Phasen habe ich Namen gegeben. Fotos werde ich Dir nur sehr wenige neue bieten, denn bei den meisten habe ich keine Möglichkeit, den Fotografen um Erlaubnis zu fragen, so dass sie im Familienalbum bleiben. Meine Worte werden bestimmt trotzdem die entsprechenden Bilder vor Deinem inneren Auge entstehen lassen.
1971 – 1976 Fremdbestimmt
Die ersten Jahre haben meine Eltern und Großeltern die Kleidung ausgesucht. Als Kind der 1970er gab es natürlich große Karos und Gelb als Akzentfarbe. Für feine Anlässe dunkelblaue Trägerkleider mit weißen Spitzenblusen. Angeblich war ich aber schon als Kind eigen darin, was ich letztendlich von den Sachen tragen wollte und was nicht.
1977 – 1984 Erste Schuljahre und Schulwechsel
Jeans oder Shorts und T-Shirt im Alltag und dunkelblaue Cordhose mit rotem Nickipullover als bessere Alltagskleidung gefielen mir. Dass 1980 H&M nach Hamburg kam, hat mein Kleidungssortiment erweitert. 1980 gab es zu Weihnachten das erste edle Seiden-Nickituch in wunderbarem Rot. Das hat mich ewig begleitet.
Zarten Schmuck gab es aus Gold und Silber. 1981 starb mein Vater, was mich erst 1983 das Lachen hat wieder finden lassen. 1984 hat mich ein Schulwechsel zwei Freundinnen finden lassen, die auch heute noch an meiner Seite stehen. Damit sind die ersten beiden Septennia modisch unspektakulär abgeschlossen.
1985 – 1992 Segelfliegerzeit im Anti-Look
1985 habe ich Mode entdeckt und angefangen, den Kleiderschrank meiner Mutter für Tanzstunden zu plündern. In der Zeit hätte ich gerne viel mehr Geld für all die schönen Sachen gehabt. Mit Größe 34 passte ich nämlich überall rein!
1986 habe ich mit Segelfliegen angefangen und seitdem fast die gesamte Freizeit auf dem Flugplatz verbracht. Im Winter in der Werkstatt, den Rest des Jahres draußen. Da wurde ständig etwas dreckig und der M-51 Parka aus den 1960ern war der beste Begleiter neben anderen großen, langen Mänteln.
Ohne Tuch – von meiner Mutter uncharmant Schweinelappen genannt – war ich kaum zu sehen. Mein dunkelrosa Seidenschal wurde bis zum Zerfetzen getragen. Der Schmuck ist aus Silber und zierlich. 1988 war es mit dem dünnen Leben vorbei und Größe 38/40 ein persönliches Desaster.
Ansonsten trug ich am liebsten Jeans mit Sweatshirt, gerne in lila von Jean Pascale. 1991 zog ich direkt nach dem Abitur von zu Hause aus vom Stadtrand mitten in die Stadt nach Eimsbüttel und machte eine Ausbildung zur Speditionskauffrau. Mit Segelfliegen hörte ich 1992 auf, womit sich dieser Zyklus schließt.
1993 – 1999 Klassische Jahre
Im Januar 1993 hatte ich letztmalig lange Haare, also bis zum Kinn auf einer Länge außer dem Pony. Seitdem trage ich kurze Haare in verschiedenen Längen. Mit inzwischen Größe 40/42 wurde der Look im Büro klassischer und Sophia Szagun mein Lieblingsladen. Kennen vermutlich nur Hamburger.
Diese sechs Jahre stehen unter dem Stern einer Beziehung, die 1997 zu einer Hochzeit und 1999 mit Größe 44 zu einer Scheidung führte. Passend zum klassischen Lebensplan gab es klassische Kleidung. Etwa 1997 habe ich eine Vorliebe für schwarze Kleidung entwickelt, die bis 2005 anhielt. Das ist der einzige Zeitraum, der sich über zwei halbe Septennia erstreckt, in sich aber auch sieben Jahre gedauert hat.
Am Anfang dieser Vorliebe gab es noch Sonnenblumengelb dazu bei einer Winterjacke und einem Nickituch. Außerdem war ein riesiger kobaltblauer Seidenschal an mir festgewachsen. Schmuck ist aus Silber oder Bi-Color mit Gold, gerne groß und mit farbigen Steinen.
Der schwarze Lieblingswollpullover hatte einen V-Ausschnitt, war weit, gerade geschnitten und lang genug für enge Hosen. Er wurde bis zum Auseinanderfallen zusammen mit einer schwarzen engen Stretchhose von Closed getragen, die Modemathematik ging trotz hohem Preis auf. Ich erinnere ich mich heute noch genau an den Kauf in einer Timmendorfer Boutique. Kleider hatten eine im Nachhinein betrachtet ungünstige, der Mode entsprechende 7/8-Länge. Immerhin hatten sie als Kleider eine durchgehende Farbfläche.
2000 – 2007 Schwarze Jahre
2000 habe ich verwendet, um mich – wieder bei Größe 42 – zu sortieren. Der neue Look dazu bestand aus kurzen, engen Oberteilen. Neujahr 2001 war mir klar, dass ich ein neues berufliches und teilweise auch privates Umfeld brauche. Auf Umwegen hat sich dann beides gefunden.
Seit 2002 bin ich mit meinem Mann zusammen. 2003 haben wir ein Haus zusammen gekauft und meine Mutter ist gestorben. Die Hochzeit 2004 hat mir gut getan und den Anstoß zu weiteren Veränderungen gegeben. 2005 habe die Ausbildung zur Farb- und Stilberaterin gemacht, meine Firma gegründet und das Studium zur Kommunikationswirtin begonnen.
Damit endeten die schwarzen Jahre in der Kleidung. In der schwarzen Phase hatte ich meistens rot gefärbte Haare. Ein bisschen Farbe musste wohl doch sein. Die kurze Rosa-Phase bei Oberteilen hätte ich mir allerdings besser geschenkt. Bis 2007 habe ich meinen Look durch das neue Umfeld verjüngt und wurde kurzzeitig markenaffiner.
2007-2014 Bunte Phase
Mit den Ende des Intensiv-Studiums 2007 begann ich, bis zu Größe 48 dicker zu werden, weil ich mehr im Home-Office war als vorher und Bewegung fehlte. Bei der Kleidung hat sich seit 2005 die Basisfarbe von Schwarz auf Dunkelbraun verschoben. Akzentfarben wurden Orange und Pistaziengrün. Lila und Petrol gab es auch immer wieder.
Dann wurden die Farben heller, immer mehr weite weiße Blusen kamen in den Schrank und Rot wurde liebste Akzentfarbe. Im Zuge des immer runder werdenden Körpers wurde die Kleidung verspielter und extravaganter im Stil von TE Hamburg. Ich trug ganzjährig fast nur Kleider.
Allerdings wurde ich immer betrübter, weil mir die Ziele im Leben fehlten. Alles Gewünschte erreicht zu haben, ist so schön. Aber Stillstand ist Rückschritt. Ich wollte und will auch heute keinen Rückschritt. Aber wohin ich wollte, wusste ich nicht.
Mit dem plötzlichen Ende einer Freundschaft, die mich das halbe Leben lang begleitet hat, war meine Krise auf dem Höhepunkt. Ich habe dann ernsthaft überlegt, ob ich anfange Golf zu spielen oder einen Hund haben möchte. Das Ergebnis kennst Du. Ich bin froh, mich für den Hund entschieden und genau diesen gefunden zu haben!
Seit 2015 Hundejahre
Im Januar 2015 hat Paul mein wohl sortiertes Leben aufgewirbelt. Das brachte nach ein paar Monaten – anhaltend bis heute – einen Schwung neuer Klamotten mit sich. Braun ist immer noch viel vertreten, aber es gibt auch wieder mehr Marineblau. Rot und Gelb setzen Farbtupfer und Oliv taucht bei mir immer wieder mal auf. Die im Schrank am meisten vertretene Marke ist Armor Lux und wider Erwarten trage ich sogar freiwillig Sneaker.
Sportlich-funktionale Kleidung hat sich breit gemacht. Form follows function ist das Motto. In Größe 42 mag ich mich in sportlicher Kleidung auch wieder leiden und bin wieder angekommen in dem, was in den anderen Perioden Standard war: High Class Leger Chic.
No Gos
Niemals standen mir Hellgrau, Türkis, ausgestellte 3/4 Hosen und weite, lange Röcke – trotz einiger Versuche.
Dauerbrenner
Immer wieder und völlig modeunabhängig gerne trage ich Rollkragenpullover, V-Ausschnitt-Pullover, Jeans, Stretchhosen, farbig-dunkle Strumpfhosen, weiße (weite) Blusen, feingestrickte Wolle und Kaschmir, matte Stoffe, Kleider mit Bewegungsspielraum, Kapuzen, Halbschuhe, Boots, Tücher aus leichtem Material und Einzelteile bei Schmuck. Marineblau und Dunkelbraun sind meine Basisfarben, Rot und Gelb die dominanten Akzentfarben. Olive und Orange tauchen auch immer wieder auf.
Außerdem kaufe ich schon mein Leben lang das Hochwertigste, was ich mir mit meist gutem Gewissen leisten möchte. Wie heißt es in der Werbung so schön: weil ich es mir wert bin.
Fazit
Mein Stil unterliegt eindeutig den 7-Jahres-Zyklen und ist gewichtsabhängig. High class leger chic passt insgesamt am besten zu mir. Je schlanker ich bin, umso sportlicher ist meine Kleidung – was nichts mit sportlicher Betätigung zu tun hat.
Je dicker ich wurde, umso extravaganter und verspielter wurde die Kleidung in der Vergangenheit. Das liegt daran, dass Übergewicht bei mir in Jeans und T-Shirt einfach nicht gut angezogen aussieht. Außerdem lenken ungewöhnliche Schnitte und verspielte Details ebenso von ungeliebten Zonen ab wie Muster.
Jetzt bin ich gespannt auf 2021. Im Moment möchte ich gar keine Veränderung und 2 x 7 geht ja auch. Wir werden es sehen …